Leistung und Arbeit sind nicht das Gleiche. Zu gerne vergessen wir das. Aber der Unterschied erklärt auch, warum eine PV-Anlage auf dem Dach uns nicht automatisch „energieautark“ macht.
In Gesprächen am Stammtisch, aber auch bei „Experten“, werden gerne die Einheiten kW und kWh wild durcheinander geworfen. Manchmal aus Nichtachtsamkeit, manchmal aus Unkenntnis. Dabei ist der Unterschied eminent wichtig. Denn nicht selten führt diese Ungenauigkeit zu kleineren und größeren Missverständnissen. Tatsächlich ist oftmals nicht klar, was der Gesprächspartner eigentlich meint. Und auch bei der Frage, inwieweit Erneuerbare Energien uns mit Strom versorgen können gerät hier viel durcheinander. Ich wage zu behaupten, dass jemand, der kW nicht von kWh unterscheiden kann, das ganze Problem auch nicht verstehen kann.
Erinnern wir uns also kurz an den Physikunterricht in der achten Klasse:
Das war auch bei den Schulaufgaben schon so. Umgestellt sagt die Gleichung aus, dass die verrichtete Arbeit die Leistung mal der Zeit ist.
Macht eine PV-Anlage energieautark?
Die Einheit der Leistung ist das Watt, oder in unserem gebräuchlichen Anwendungsbereich das Kilowatt (kW).
Annahme aus dem Alltag: Eine Photovoltaik-Anlage hat nun 5 kW(peak = Maximalleistung). Das heißt, wenn die Sonne kräftig scheint, liefert sie eine Leistung von 5 kW. Ziehen ein paar Wolken vor die Sonne, bleibt vielleicht noch 1 kW. Diese Leistung liefert die Anlage zum jeweiligen Zeitpunkt.
Betrachtet man nun alle Momentanleistungen über die Zeit, ergibt sich die verrichtete elektrische Arbeit, die Energie. Ihre Einheit ist die Kilowattstunde (kWh).
Unsere 5-kWp-PV-Anlage schafft es im Jahr auf rund 5000 kWh. Bei ca. 1000 Sonnenstunden ist das also eine durchschnittliche Leistung von einem kW.
Kann unsere PV-Anlage nun unseren Haushalt mit Energie versorgen und uns „autark“ machen, wenn wir einen jährlichen Verbrauch von rund 2500 kWh haben?
Die Antwort: Wir wissen es nicht genau. Denn alleine die Aussage, dass unsere PV-Anlage 5000 kWh im Jahr erzeugt und wir aber nur 2500 kWh brauchen hilft uns nicht weiter.
Eigentlich ist völlig klar, warum und doch begehen wir so oft diesen Denkfehler, nur die beiden Zahlen zu vergleichen. 5000 ist ja viel mehr als 2500.
Auf die Gleichzeitigkeit kommt es an
Szenario 1: Mittags kochen, Sonne Scheint. Unser Herd zieht 2 kW Leistung, die PV-Anlage liefert 5 kW. Alles prima. Nur, dass wir jetzt gar nicht alles abnehmen können und deshalb mit 3 kW ins öffentliche Netz einspeisen werden.
Szenario 2: Abends fernsehen, Lichter sind an. Wieder ziehen wir 2 kW. Aber was macht die PV-Anlage? Natürlich nichts. Wir ziehen die Leistung aus dem Netz und schon ist sie dahin unsere Autarkie.
Wir sind es auf das ganze Jahr gesehen bilanziell – aber das ist nicht wirklich „autark“.
Das kleine Beispiel leuchtet leicht ein. Das heißt aber auch im Großen, dass wir nicht alleine aus der erzeugten Energiemenge der Erneuerbaren Energien darauf schließen können, ob wir damit unseren Strombedarf in Deutschland decken können oder nicht.
Es ist schon richtig, dass Deutschland auch Energie exportiert. Aber wir müssen zu jedem Zeitpunkt die benötigte Leistung decken können und nicht nur bilanziell über das ganze Jahr. Daher wird es auch weiterhin steuerbare Schattenkraftwerke brauchen, wie einspringen können, wenn die volatilen Erneuerbaren nicht liefern können.
Oder aber Speicher. Und mit so einem Speicher können wir auch den Eigenverbrauch zuhause weiter erhöhen und so der Autarkie einen Schritt weit näher kommen.
Deutschland verbraucht im Jahr ca. 600 Mrd. kWh Strom. Der höchste Bedarf an Leistung, der benötigt wird, liegt bei rund 85 Mio kW (85 GW).
Ergänzung: Noch mehr Einheiten
Weitere Verwirrung kommt auf, weil es neben der Kilowattstunde noch andere mehr oder weniger gebräuchliche Einheiten für die Energie gibt: Z. B. Steinkohleeinheiten (SKE), Kilojoule (kJ) oder die aus der Ernährung bekannten Kilokalorien (kcal). Umrechnungsfaktoren der verschiedenen Einheiten gibt es bei Volker Quaschning: https://www.volker-quaschning.de/datserv/faktoren/index.php