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Photovoltaik nutzen für Wärmepumpe

Mit der Erweiterung meiner PV-Anlage habe ich auch den Gedanken verfolgt, die Wärmepumpe mit Eigenstrom zu versorgen. Immerhin ist hier der Jahresverbrauch beinahe doppelt so hoch wie beim Hausshaltsstrom. Macht das Sinn und geht das überhaupt?

Wie gut ergänzen sich Wärmepumpe und Photovoltaik?

Grundsätzlich könnte man mal sagen:

Die PV-Anlage liefert den Strom vor allem dann, wenn ich nicht heizen muss.

Die „Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. “ hat im Jahr 2014 hierzu einen sehr interessanten Artikel in der Zeitschrift „Energiewirtschaftliche Tagesfragen“ veröffentlicht:

Photovoltaik und Wärmepumpe – kombinierte Strom- und Wärmeversorgung eines Einfamilienhauses

Klingt erstmal nicht ganz so überzeugend. Dennoch haben sich zwischenzeitlich einige Rahmenbedingungen geändert. So ist die Einspeisevergütung deutlich gesunken und die Nutzung von Eigenstrom macht dementsprechend noch mehr Sinn.

Außerdem ist es heute eigentlich kein großer Aufwand mehr:

Kann ich meine Photovoltaik-Anlage für Haushaltsstrom und Wärmepumpe nutzen?

Na klar! Grundsätzlich ist das natürlich möglich. Außer: Wenn ein spezieller sogenannter „Wärepumpentarif“ genutzt wird. Dabei handelt es sich um einen vergünstigten Tarif. Oft auch als HT/NT-Tarif. Gegenleistung des Abnehmers ist der Einbau einer Einrichtung, mit der die Wärmepumpe bei Bedarf ferngesteuert vom Netz genommen werden kann („Rundsteuerempfänger“). Der Tarif darf nur für die Heizung verwendet werden. Deshalb hat man auch einen zweiten Zähler nur für die Wärmepumpe.

Als Betreiber der PV-Anlage steht man nun vor der Wahl: Eigenverbrauch auf Wärmepumpe oder Haushaltsstrom?

Oder: Beides. Notwendig ist hier für aber ein anderes Messkonzept:

Messkonzept „Kaskadenschaltung“

Es gibt unterschiedliche „Messkonzepte“. Damit können für verschiedene Situationen mit komplexen Vergütungsregeln im EEG oder KWKG geeignete Lösungen zur Abrechnung abgebildet werden.

Das richtige Messkonzept zur Verbindung einer Wärmepumpe (mit speziellem Wärmepumpentarif) und einer PV-Anlage nennt sich „Kaskadenschaltung für steuerbare Verbrauchseinrichtungen“

Ausgetauscht wurden meine beiden Zähler durch zwei Zweitarif-Zweiwegezähler mit Rücklaufsperre.

Der Unterschied zu vorher: Die beiden Zähler sind nicht mehr parallel nebeneinander sondern in Reihe geschalten. Der PV-Strom durchläuft jetzt beide Messeinrichtungen. Da die Zähler hintereinander geschalten sind, misst der erste Zähler natürlich den Stromverbrauch der Wärmepumpe UND den der übrigen Verbraucher im Haushalt.

Zur Ermittlung des Verbrauchs der Heizung muss also die Differenz der beiden Zählerstände gebildet werden. Diese Differenzwertbildung und entsprechend die Ermittlung der Verbräuche übernimmt der Netzbetreiber. Er wiederum meldet diese Verbäuche an den Energieversorger (EVU), der dann die Stromrechnung schreibt.

Oftmals kommt auch vom EVU eine Aufforderung, Zählerstände zu melden. Das scheint die internen Abrechnungsprozesse zu beschleunigen. Unseren Versorger müssen wir jetzt allerdings darauf vertrösten zu warten, bis er die Daten vom Netzbetreiber für die entsprechenden Marktlokationen bekommen.

Marktlokawas?

Abgerechnet werden seit 2018 nicht mehr die „Zählpunkte“ sondern „Marktlokationen (MaLo)„, also Entnahmestellen. Diese haben eine eindeutige Kennung, die MaLo-ID. Ich habe zwei MaLo-IDs: Die Wärmepumpe und den übrigen Haushaltsstrom.

Die Marktlokation hat eine oder mehrere zugehörige „Messlokationen (MeLo)“. Das wären dann die jeweiligen Zähler.

Und weil das alles so kompliziert ist, traut man uns die Rechnerei auch nicht zu, sondern lässt es denn Netzbetreiber machen.

Wer tiefer in die Materie einsteigen will, sollte unbedingt mal im Photovoltaikforum vorbeischauen. Dort gibt es einen Thread zur Kaskadenmessung.

Kosten beachten!

Auch findet man dort Tools, mit denen sich ausrechnen lässt, ob sich die Umrüstung auf die Kaskade lohnt. Es kann nämlich auch gut sein, dass man unter Berücksichtigung der Kosten für den Messstellenbetrieb, Grundgebühren etc. günstiger fährt, den extra Zähler einfach zu verbannen.

Regelung der Wärmepumpe

Es gibt Wärmepumpen mit Photovoltaik-Funktion oder welche, die „Smart Grid ready“ sind. Sicher ist damit eine optimale Nutzung des Solarstroms möglich. Aber auch ohne lässt sich durch eine angepasste Steuerung der Zeiten einiges herausholen.

Möglich ist das durch Sperrzeiten der Warmwasser-Bereitung in den sonnenschwachen Stunden und eine Nachtabsenkung, bzw. Taganhebung der Heizkurve.

Überlegungen dazu

  • Warmwasser, bzw. Heizung brauche ich sowieso. Unabhängig ob ich nun Eigenstrom nutzen kann oder nicht.
  • Wenn die Sonne scheint, dann eher am Tag
  • Je wärmer es ist, desto effizienter Arbeitet die Wärmepumpe. Ich versuche, die kältesten Stunden früh morgens auszulassen.
  • Die Wärmepumpe lieber abends länger arbeiten lassen, denn da ist es wärmer.

Die Sonne scheint tendenziell eher tagsüber und die Effizienz der Wärmepumpe sinkt mit fallenden Temperaturen

Was gibt es zu bedenken?

  • Bei einem HT/NT-Tarif mit deutlichen Preisunterschieden klammert man so natürlich insbesondere die günstige Niedertarif-Zeit aus.
  • An Tagen ohne ausreichend PV-Strom kaufe ich also hauptsächlich zum Hochtarif-Preis ein.
  • Hier muss ich also das Verhältnis Strompreise „Eigenstrom“ zu „eingekauftem Strom“ beachten. Dabei nicht die steigende Ineffizienz bei niedrigeren Temperaturen vergessen.
  • Grundsätzlich sollte vorher die Wärmepumpe optimal arbeiten. Das ist vielfach nicht der Fall! Wertvolle Tipps bekommst du dazu im Haustechnikforum.

So sieht es aktuell bei mir aus:

Warmwasser: Sperrzeit Montag bis Freitag von 21:00 Uhr bis 11:30, Samstag und Sonntag 21:00 bis 10:00.

Heizung: Nachtabsenkung Montag bis Sonntag von 20:00 – 10:00 um -5°C.

Das nächste Jahr über werde ich viel beobachten und nachjustieren müssen. Die kommenden Stromrechnungen werden zeigen, ob es sich gelohnt hat.

6 Antworten auf „Photovoltaik nutzen für Wärmepumpe“

Danke Andreas, dass du deine cleveren Gedanken mit uns teilst. Du hast das wirklich schön entwirrt. Klasse und weiter so
Für einen unserer Bauherren bearbeiten wir auch gerade einen ähnlichen Fall mit 30 kWpeak PV und Wärmepumpe. Die Wärmepumpe ist PV ready aber der Wärmepumpentarif würde eine Einsparung von 8000 €/a bedeuten. Dank dir werden wir den Versorger nach der Kaskadenmessung fragen und eventuel Wärmepumpentarif und Eigennutzungsoptimierung nutzen können.

Hallo Andreas,
das Messkozept (Kaskade) hatte ich mir auch schon überlegt, sehe ein Problem bei der Netzeinspeiseleistung.
Bei einem SLS von 50A kann ohne Wandlermessung nur ein Strom von 44A/Phase entnommen werden.
Annahme: PV fällt aus, oder liefert nur wenig PV-Strom, dann muss der Netzversorger die nötige Energie zur Verfügung stellen.
Wärmepumpe, Wallbox, und Haushaltsstrom dürfen dann in Summe nicht mehr als ca 30kW ziehen. Ob das in allen Anwendungsfällen ausreicht?
Gruß Udo

Seit Kurzem habe ich auch ein Elektroauto, das mit max 11 kW lädt. Allerdings ist auch hier die Regelung so, dass die Leistung auf ein Minimum (3,7 kW) reduziert wird, wenn nicht genügend PV-Energie zur Verfügung steht.

Heizung: Nachtabsenkung Montag bis Sonntag von 10:00 – 20:00 um -5°?

Hallo, dann senkst du am Tag ab und lässt die Pumpe nachts höher laufen? Aber ist das logisch?
Ausserdem sollte doch der Unterschied höchstens minus 2 Grad sein, weil die Pumpe durchs erneuet Hochfahren viel verbraucht. Ich senke abends bis morgens ab.

20 Uhr bis 10 Uhr muss es natürlich heißen. Nachts wird abgesenkt. Der Wert ist so hoch gewählt, dass nachts praktisch nie geheizt werden muss. Das Haus kühlt dabei um 1-2 Grad aus. Das ist kaum bemerkbar. Insgesamt bleibt’s in der Energieerhaltung gleich. Die WP läuft natürlich dann erstmal etwas länger, aber mehr Leistung zieht sie dadurch auch nicht.

Ich wollte schon länger wissen, ob ich meine Heizung mit Photovoltaik unterstützen kann. Danke für den Tipp, dass ich meine Photovoltaikanlage auch für die Wärmepumpe nutzen kann. Sofern ich keinen speziellen Wärmepumpenvertrag habe, natürlich.

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